Wie bereits angekündigt, hatten wir seit den letzten Berichten weiterhin ein Auge auf das Nazihaus in Almstedt. Doch nicht nur dort, sondern auch in Dörfern wie Söhlde, Diekholzen, Sibesse oder Bockenem scheinen sich Rechte wohl zu fühlen und nutzen die Dorfruhe für Partys, Treffen oder den Betrieb von Versandhäusern. Im Folgenden wollen wir einige Geschehnisse aus der jüngsten und längeren Vergangenheit zusammentragen.
Almstedt:
Hier leben gemeinsam in einem Haus die Familie Hedermann und die Familie Welge, welche die dritte leerstehende Wohnung im Haus als Partyraum für die rechte Szene nutzen. In diesem Jahr spielten dort mehrfach der Reichstrunkenbold, der Liedermacher „Gassenraudi“ aus Braunschweig und der Liedermacher „Preußens Standarte“.
Seit dem letzten Bericht war Johannes Welge erneut auf einigen Demos und Aktionen der extremen Rechten. Auffällig ist, dass Welge mehr im Ruhrgebiet in Erscheinung tritt und in der lokalen Naziszene eher unbeliebt ist. Dies dürfte an seiner guten Beziehung zum Kölner Neonazis Jan Fartas liegen, wohingegen Dieter Riefling oder die JN Braunschweig anscheinend nicht gut auf Welge zu sprechen sind.
Neben Demos hatte sich Welge in den Kopf gesetzt, die Kameradschaft „Freie Kräfte Niedersachsen Ost“ zu reaktivieren und traf sich diesbezüglich Ende März in Salzgitter Lebenstedt unter dem Motto „Eine Bewegung“. Bei dem Regionaltreffen soll Hannover durch Patrick Illmer, Hildesheim durch ihn selbst, Salzgitter durch Tobias Weiss, Braunschweig durch Markus Jäkel, Gifhorn durch Benjamin Baginski und Wolfsburg durch Martin Schüttpelz vertreten worden sein. Seit März haben sich diesbezüglich aber keine neuen Erkenntnisse ergeben, weshalb dieser Versuch einer Restrukturierung vermutlich gescheitert ist.
Mitte des Jahres 2017, am 8.7., kam es in Almstedt zu kuriosen Szenen. An diesem Abend fand erneut ein Nazizusammentreffen im dritten Stock des Hauses der Fam. Welge und Hedermann statt, bei dem die Anwesenden sich hemmungslos unter dem Motto „Sangriaparty“ betrunken haben und zu Musik der Band „Fremd im eigenen Land“ feierten. Es konnte beobachtet werden wie Neonazis mit „Heil Hitler“- Rufen durchs Dorf gelaufen sind und Pyrotechnik zündeten. Nach der Party schien der Heißhunger die Faschisten überkommen zu haben. Die weiteren Geschehnisse lassen sich aus dem Feuerwehrbericht und Augenzeugenberichten rekonstruieren. So kam es in der Nacht zu einem Wohnungsbrand im Stock der Familie Hedermann, der die gesamte örtliche Feuerwehr auf den Plan rief und sogar den Bürgermeister veranlasste nachts um 3 Uhr dem Nazihaus einen Besuch abzustatten. Anscheinend ist eine völlig betrunkene Person beim Kochen eingeschlafen und hat so den Brand entfacht. Die Feuerwehr konnte das Feuer löschen, bevor es sich auf die weiteren Bereiche des Hauses ausbreitete. Außerdem haben die Kameraden im Eifer des Gefechts ganz vergessen, dass noch ein schlafender Faschist im dritten Stock schlummerte. Die Feuerwehr hat diesen durch Einsatz von Wärmebildkameras finden können. Die Wohnung soll nach dem Brand unbewohnbar sein, sodass die Familie bei den Nachbarn untergekommen zu sein scheint.
Mittlerweile wird das Haus jedoch wieder regulär von Faschisten als Partylocation genutzt, zuletzt von der Gruppe „Angriff Niedersachsen“. So gab es am 14.10.17 ein weiteres Konzert mit circa 30 anwesenden Gästen. Welge wurde beobachtet, wie er bereits um 18:30 sichtlich angetrunken die ersten Gäste mit Hitlergruß begrüßte. Es spielte erneut der „Reichstrunkenbold“ sowie „Kevin/Brigade 88“.
Aus dem Haus hallten noch bis tief in die Nacht Parolen wie „Sieg Heil“, „Deutschland den Deutschen“ oder „Juden raus“. Johannes Welge wurde an diesem Tag bereits nachmittags am Hildesheimer Hauptbahnhof gesichtet und dabei beobachtet, wie er mit dem Neonazi und Saufkumpanen Jens Wolpers über eine Musikbox Rechtsrock hörte.
Söhlde:
Am 28. Januar 2017 feierte der Neonazi Martin Schüttpelz seinen Geburtstag zusammen mit dem Braunschweiger Neonazi Felix Hauschild in der Gemeinde Söhlde nach. Es waren ca. 80 Personen aus Niedersachsen und umliegenden Bundesländern vor Ort. Es spielten die Liedermacher „Kommando Freisler“ (Solo) sowie die Liedermacher „Tobias“ und „Piatmar“.
Söhlde und umliegende Ortschaften sind auch die einzigen Orte im Landkreis Hildesheim, in denen zu den Bundestagswahlen Plakate der NPD aufgehangen wurden. Insbesondere vor der dortigen Flüchtlingsunterkunft wurden zahlreiche rassistische Parolen plakatiert.
Die Facebookseite „Nachbarschaftshilfe Söhlde“ wird laut Impressum von dem Neonazi Tim Höffner betrieben. Hier werden rassistische Ressentiments geschürt und versucht, ein völkisches Dorfleben als etwas erstrebenswertes zu verkaufen.
Holle/Baddeckenstedt:
Hier veranstalteten Neonazis aus Niedersachsen am 19.11.2017, dem Volkstrauertag, eine geschichtsrevisionistische Kundgebung. Über diese Aktion ist bisher wenig bekannt und wir würden uns über Zuschriften freuen.
Diekholzen:
In Diekholzen unterhält Bertino (Tino) Adler einen Onlineversand der extremen Rechten. Zu dieser Erkenntnis kommt auch der Verfassungsschutz alljährlich, besonders viel ändern tut sich an der Situation seit Jahren jedoch nichts.
Am Rande eines Waldstückes liegt eine alte Villa, welche sich Adler Anfang des Jahrhunderts kaufen konnte, nachdem er im Lotto gewann. Seit 2005 unterhält er den „Adler-Versand“, einen Onlinehandel, in dem es von Sleipnir, über Kategorie C und vielen Grauzonen- und Rechtsrockbands, alles gibt was ein Naziherz begehrt. Uns sind auch Treffen von der „German Defence League“ in Adlers Domizil bekannt. Zu Adlers genauen Aktivitäten in der „German Defence League“ und deren Aktivität in Hildesheim berichten wir an dieser Stelle nicht, dies würde den Rahmen sprengen.
Sibesse:
Bei einer Antifa-Dorftour 2010 wurde sowohl in Diekholzen demonstriert, als auch die Ortschaft Sibesse angefahren, um dort den Nordwelt-Versand in die Öffentlichkeit zu rücken. Seit 1999 betreibt Oliver Bode diesen Laden mit Versand. Jener war seines Zeichens einmal Vorsitzender des Hildesheimer Kreisverbandes der „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ und jahrelang in der Nazi-Skinhead-Szene aktiv. Er wurde Ende 1998 mit Jürgen Rieger als Anwalt (Nazianwalt,Schriftsteller der „Artgemeinschaft“ u. Ehm. Landesvorsitzender NPD Hamburg) wegen Volksverhetzung verklagt. Auch wenn in seinem Versand vorwiegend alles mögliche für Hobby Vikinger und Germanen verkauft wird, lohnt sich ein genauerer Blick auf die Auswahl. Ob Bücher von Jürgen Rieger, „Klagt nicht Kämpft“-Souvenirs (Losung der Wehrmachtsfallschirmjäger) oder gar Waffen wie Armbrüste, Teleskopschlagstöcke oder Messer, kommen auch Neonazis hier auf ihre Kosten.
Bockenem:
Einem sehr ähnlichen Gewerbe gingen bis 2008 auch die Neonazis Axel Buchheister und Dirk Niebur nach, indem sie aus Bockenem heraus den e-ok-versand betrieben. Große Bekanntschaft haben die beiden gewonnen, nachdem sie im November 2008 gemeinsam mit Mario Messerschmidt mehrere schwere Straftaten begangen hatten. So gestanden die drei Neonazis damals vor Gericht einen Geburtstag in der Nachtbar „Strip“ gefeiert zu haben. Als einer der Neonazis in das Treppenhaus der Bar urinierte, entfachte sich ein heftiger Streit mit dem Kampfsporterprobten Besitzer der Bar. Im Handgemenge nahm sich Mario Messerschmidt eine abgesägte Pumpgun zur Hilfe und feuerte eine Schuss ab, der vom Barkeeper durch einen Schlag gegen den Gewehrlauf abgewehrt werden konnte. In Folge dessen mussten die Neonazis eine Tracht Prügel einstecken und rächten sich, indem sie an einer nahgelegenen Tankstelle Benzin mit Kreditkartenzahlung auf den Namen Niebur kauften und daraus zwei Molotowcocktails bastelten. Diese wurden an die Fassade der Bar geschleudert und entfachten einen Brand, welcher noch rechtzeitig gelöscht werden konnte. Das Trio musste eine Haftstrafe absitzen. Organisiert waren die drei Ne
onazis damals in der Kameradschaft Northeim. Des Weiteren betrieben Axel Buchheister und Dirk Niebur von Bockenem (Landkreis Hildesheim) aus den sogenannten „e-ok-versand.eu“. Mittlerweile ist nur noch Niebur als Inhaber angegeben. Über weitere Informationen zur (aktuellen) Aktivität von Buchheister und Niebur würden wir uns über Email freuen.
Zusammenfassend halten wir es für notwendig, faschistische Aktivitäten auch im Umland offenzulegen und zu bekämpfen. Für ersteres freuen wir uns immer über Infos und Tipps, welche uns an die hinterlegte Emailadresse geschickt werden können.
Wir behalten die Situation auch weiter im Auge und freuen uns auf eure Mithilfe!